Heidelberger Poetikdozentur 2015
Lutz Seiler
Laubsäge und Scheinbrücke. Aus der Vorgeschichte des Schreibens
Lutz Seiler wurde am 8. Juni 1963 in Gera/Thüringen geboren. Parallel zum Abitur absolvierte er eine Lehre als Baufacharbeiter und arbeitete in Maurer- und Zimmermannsbrigaden. Während seiner Wehrdienstzeit bei der NVA begann er sich für Literatur zu interessieren und – inspiriert von der Lyrik Peter Huchels – Gedichte zu schreiben. Bis 1990 studierte er Germanistik in Halle/Saale und Berlin; sein erster eigener Gedichtband erschien 1995. Seit 1997 leitet er das literarische Programm des Peter-Huchel-Hauses in Wilhelmshorst.
Seit den beiden Gedichtbänden „pech & blende“ (2000) und „vierzig kilometer nacht“ (2004) zählt Lutz Seiler zu den bedeutendsten zeitgenössischen Lyrikern. Mit der Erzählung „Turksib“, die ihm den Ingeborg-Bachmann-Preis 2007 eintrug, wechselte er in die Prosa. 2014 erschien seiner erster Roman „Kruso“, der mit dem „Deutschen Buchpreis“ ausgezeichnet wurde. Lutz Seiler lebt in Wilhelmshorst bei Berlin und in Stockholm.
Lutz Seilers Literatur ist in hohem Maß autobiographisch fundiert: Den Stoff seiner Lyrik und Prosa findet er in den Landschaften Ostthüringens und Brandenburgs, der im Schatten des Uranbergbaus verlebten Kindheit und der Nachwendezeit in Berlin. Landschaft und Zeitgeschichte – gebrochen in der eigenen Biographie – gehen in den Gedichten und Erzählungen Lutz Seilers eine organische Verbindung ein. Das Bedrängende, Dunkle der DDR-Geschichte, sei es die radioaktive Verseuchung und Zerstörung der Kindheitsdörfer, sei es der Zwang zum Kollektiv in einer autoritären Gesellschaft – die Erlebniswelt DDR wird in seinen Texten ebenso lebendig wie das Aufgehen der Lebensentwürfe in der westlichen Konsum-Ordnung, die alle Bindungen auflöst.
Lutz Seilers Werke zeugen von der Sehnsucht nach einer Behausung eigener Bilder und Erfahrungen und von der Entdeckung eines solchen geschützten Ortes in der Literatur. „Poesie“, heißt es in „Kruso“, „Poesie ist Widerstand“.
Werke (Auswahl):
berührt / geführt. Gedichte (1995)
pech & blende. Gedichte (2000)
vierzig Kilometer nacht. Gedichte (2003)
Sonntags dachte ich an Gott. Aufsätze (2004)
Turksib. Zwei Erzählungen (2008)
Die Zeitwaage. Erzählungen (2009)
im felderlatein. Gedichte (2010)
Kruso. Roman (2014)
Auszeichnungen u.a.
1998: Kranichsteiner Literaturpreis
2004: Bremer Literaturpreis
2007: Ingeborg-Bachmann-Preis
2010: Fontane-Preis
2014: Deutscher Buchpreis
2015: Marie-Luise-Kaschnitz-Preis
Programm
Dienstag, 9. Juni 2015, 19:00 Uhr
Müde Dörfer. Eine Herkunftsgeschichte
Erste Poetikvorlesung mit Lutz Seiler
Begrüßung: Prof. Dr. Óscar Loureda Lamas und Dr. Andrea Edel
Einführung: Privatdozentin Dr. Michaela Kopp-Marx
Alte Universität, Aula
Grabengasse 1 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei
Mittwoch, 10. Juni 2015, 19:30 Uhr
Über Poesie
Lesung und Gespräch mit Lutz Seiler und Jürgen Becker
Kulturhaus Karlstorbahnhof
Am Karlstor 1, 69117 Heidelberg
Eintritt: 10.- €, erm. 8.- €
Dienstag, 16. Juni 2015, 19:00 Uhr
Die jungen Jahre. Fontane, Huchel und Pink Floyd
Zweite Poetikvorlesung mit Lutz Seiler
Neue Universität, Hörsaal 13
Grabengasse 3 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei
Dienstag, 23. Juni 2015, 19:00 Uhr
Potsdamer Platz. Ein Blick durch die Maske
Dritte Poetikvorlesung mit Lutz Seiler
Neue Universität, Hörsaal 13
Grabengasse 3 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei
Mittwoch, 24. Juni 2015, 20.00 Uhr
Kruso
Lesung mit Lutz Seiler im Rahmen der 21. Heidelberger Literaturtage
Spiegelzelt auf dem Universitätsplatz
Eintritt: 9.- €, erm. 7.- €
Die Heidelberger Poetikdozentur wird gefördert vom Kulturamt der Stadt Heidelberg.
Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren Dr. Karin Koepff und Dr. Peter Koepff.